Anpassungserscheinungen
1. Herzanpassungen
Durch Ausdauersport, Ausdauertraining wird die Leistungsfähigkeit des Herzens verbesssert. Es kommt zum sogenannten Sportherz (Herzkammererweiterung (Dilatation) und verstärktes Dickenwachstum der Herzwände (Hypertrophie): der physiologische Vorteil dieser Veränderungen liegt in der Vergrösserung des Schlagvolumens und der Senkung der Herzschlagzahl. Die Blutpumpleistung kann um bis zu 100% in der Zeiteinheit gesteigert werden (von 20 auf 40 Liter). Eine vermehrte Sauerstoffausschöpfung führt zur Erhöhung der Maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit (aerobe Kapazität). Dies ist das Bruttokriterium der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit. Diese Veränderungen entlasten das Herz: die schonende Volumenarbeit ersetzt die Druckarbeit. Ausserdem kommt es zu einer Senkung des Energiebedarfs in Ruhe und unter Belastung (Schonung des Herzens infolge Ökonomisierung). Darüber hinaus wird die Pulsfrequenz (Schlagzahl des Herzens in Ruhe) gesenkt. Ein Herz, das weniger schlagen muss, wird geschont. Die erhöhte Leistungsfähigkeit des Herzens ist durch eine schnelle Erholung des Pulsschlages feststellbar. (Erholungspuls).
Ein 70-jähriger kann sich durch ein gezieltes Ausdauertraining die Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit eines 50-jährigen erarbeiten.
2. Anpassungen des Gefäßsystems.
Der Mensch ist so jung oder alt wie der Zustand seiner Gefässe. Ausdauersportler trainieren die Elastizität ihrer Gefässe, was tendenziell zur Senkung des arteriellen Blutdrucks führt oder führen kann. Ablagerungen an den Gefäßwänden und Verschlüsse der Adern werden durch die Erhöhung der HDL (high density lipoproteine) und eine Erhöhung von Serumproteinen (A1 + A2), sowie der gleichzeitigen Verminderung der LDL und VLDL (low density lipoproteine), (Fetteiweisse, die zur Ablagerung in den Gefässen neigen) verhindert. Dadurch verringert sich naturgemäss die Gefahr von Arteriosklerose, Schlaganfällen und Infarkten. Ausdauersport führt darüber hinaus zu vermehrter Kapillarisierung der uskulatur (Neubildungen oder Kolateraiisierungen), was wiederum zu verbesserter Versorgung und schnellerem Abtransport der Stoffwechselprodukte führt. Zudem wird die Gefässsteuerung ökonomisiert. Der Vagotonus wird wie beim Herzen erhöht, was zu einer stärkeren vegetativen Regulierung (Vagotonie) führt (vagus = parasympaticus ist der beruhigende und abregende Nerveneinfluss).
Ein 70-jähriger kann sich durch ein gezieltes Ausdauertraining die Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit eines 50-jährigen erarbeiten.
3. Anpassungen des Blutes.
Als Folge eines Ausdauertrainings kann das Gesamtvolumen des Blutes um bis zu 25% (= 1-2 Liter) erhöht werden. Durch eine erhöhte Wasseraufnahmefähigkeit verbessert sich die Fließeigenschaft
(Viskosität) des Blutes, wodurch das Herz eine geringere Arbeit zu leisten hat und die Energieversorgung schneller abläuft. Beim Ausdauersportler kann der Myoglobingehalt um bis zu 100% zunehmen. Myoglobin ist der Sauerstoffbinder und Sauerstofftransporteur. Die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) vermehren sich und die Aggregatneigung (Zusammenschluss der Blutplättchen) nimmt ab, wodurch Trombosegefahr verhindert wird.
In vielen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass sich durch mößiges Ausdauertraining die Immunlage verbessert und das Abwehrsystem insgesamt gestärkt hat.
B- und T- Lymphozyten, sowie die von ihnen produzierten Killer- und Fresszellen werden deutlich vermehrt und ihre Aggressivität (Fressfreude) wird erheblich gesteigert (statt 2-3 Bakterien / Vieren sind Fresszellen dann in der Lage, 10-12 Bakterien / Vieren auszuschalten).
Die Stärkung des Immunsystems durch Ausdauersport wird seit einigen Jahren auch mit Erfolg bei der Bekämpfung von Krebs und Aids eingesetzt. Es ist seit langem bekannt, dass Ausdauersportler nicht oder kaum unter banalen Infekten zu leiden haben.
Wie bereits oben erwähnt, wird der zu hohe Fettgehalt des Blutes (Hyperlipidämie) abgebaut und die Menge der guten Fette (HDL) wesentlich erhöht.
4. Anpassungen des Atemsystems.
In der Pubertät vergrössert sich durch Ausdauertraining der Brustkorb und damit die Lunge in ihrer Kapazität (eine Brustkorbvergrößerung ist nur in dieser Zeit möglich). Beim Erwachsenen kann eine bessere Atmungseffektivität nur durch Ökonomisierungsvorgänge der Lunge erreicht werden. Dies ist der Fall beim Ausdauersport. Der Bedarf von mehr Sauerstoff wird durch Verbesserungen des Atemvorgangs angepasst. Die Atemmuskel – Motorik wird verbessert. Der Gasaustausch wird beschleunigt, die Atmungssteuerung wird verbessert.
Das mit zunehmendem Alter drohende Lungenemphysem (Zusammenkleben der Alveolen) mit daraus sich herleitender Verkleinerung der Atemoberfläche für den Gasaustausch wird hinausgezögert und Kurzatmigkeit deutlich verhindert.
5. Anpassungen der Skelettmuskulatur.
Der Muskel wird aus FT- und ST- Fasern gebildet (FT = fast twitch = schnellkontrahierend, ST = slow twitch = langsam kontrahierend).
Die Fasern stehen normalerweise in einem Verhältnis 50 : 50 zueinander. Ihr Verhältnis wird durch Ausdauersport zugunsten der ST-Fasern, (sie werden auch rote Fasern wegen ihrer sauerstoffgetragenen Energieumwandlung genannt) umgewandelt. Im Verbund mit genetischen Vorgaben ist eine Relation bon 90 : 10 möglich.
Durch Ausdauertraining wird die Bälkchenstruktur der Knochen und deren Mineralisierung vermehrt, was besondere Bedeutung auf die Osteoporose hat.
6. Anpassungserscheinungen der Muskelzelle.
Ein Ausdauertraining wirkt mit seinen Anpassungserscheinungen bis ins innere der Zelle. So wird die Anzahl der Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) und ihre Grösse durch Ausdauersport um das 2 – 3 -fache gesteigert. Dadurch wird die Zelle leistungsfähiger. Der Glykogengehalt kann zudem in den Zellendepots bis um 100% gesteigert werden. Die Enzymaktivität, die den Zellstoffwechsel antreibt, nimmt stark zu; die Zellenergien werden effektiver ausgeschöpft.
Bei Ausdauersport über 60 Minuten hinaus werden Fettsäuren verbrannt und die Glykogendepots geschont. Durch Ausdauersport wird zudem die intra- und intermuskkuläre Koordination verbessert.
7. Anpassungen des Stoffwechsels.
Wie in der Zelle, so werden durch Ausdauersport auch die Stoffwechselvorgänge generell aktiviert. Alleine die Massage der inneren Organe durch Sport und Bewegung, vor allem aber durch ein Ausdauertraining, begünstigt ganz wesentlich den Stoffwechsel, seine Ökonomisierung und Restitutionsvorgänge.
Ausdauertraining ist eine ganz wesentliche Therapie bei Diabetes (Zuckerverbrennung)
8. Anpassungserscheinungen bei Knorpeln und Bandscheiben.
Beim Ausdauertraining wird wie bei andern Bewegungssportarten der intradiskale Druck auf die Bandscheiben vermindert. Diese Entlastung wird hervorgerufen durch höhere Wassereinlagerung in den Bandscheiben, deren Ernährung und Versorgung nicht durch Blutgefässe (die hier fehlen), sondern durch Zug und Druck während der Bewegung gewährleistet wird. Laufen ist eine der besten Massagen für die kleine Fasciae – Muskulatur der Wirbelsäule.
9. Wirkungen auf die Fitness von Psyche und Geist.
Der Mensch ist ein Lauftier. Wird er am Laufen gehindert, reagiert er auf diesen Entzug durch Frustration, die er in Aggressionen abbauen muss. Laufen wirkt aggressionsabbauend. Sicher ist, dass die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin durch Ausdauersport vermindert ausgestossen werden und dadurch eine Vagotonie hervorgerufen wird. Nach Ausdauertraining lasst sich übrigens vorzüglich schlafen! Depressionen werden seit langem mit Ausdauersport behandelt.
“Runners high” nennt man einen euphorischen Zustand, der durch Laufen hervorgerufen wird. Laufen macht nicht nur frei, es macht auch frei für andere Menschen, die Hilfe brauchen. Ausdauersport führt zu Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, was wiederum die Lebensfreude und Lebensqualität erhöht.
Neuere Untersuchungen erbringen den Nachweis, dass allein unser Gehirn 20% des insgesamt vom Körper benötigten Sauerstoffs verbraucht. So ist verständlich, dass dieses Organ dann über bessere Arbeitsbedingungen verfügt, wenn es ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.
10. Weitere Vorteile durch Ausdauertraining.
Durch erhöhte Hautdurchblutung infolge des Ausdauertrainings wird das Aussehen (die Schönheit) verbessert.
Da Ausdauertraining nicht nur die Verdauung fördert, sondern darüber hinaus auch den Verbrauch von Energien erhöht, kann man sich eher einen “ Genuss ohne Reue ” beim Essen erlauben.
Last not least: Durch Ausdauertraining wird die sexuelle Potenz und damit die Liebesfähigkeit erhöht.